Der Patriarch

Gelungene Familiensaga. (DR) Im Jahr 1900 wird in einer deutschen Hansestadt ein Junge geboren. Der Vater, ein ranghoher Offizier, hält das neugeborene Kind für schwachsinnig, verlässt aus Empörung sofort das Haus und zieht in den Süden. Die Mutter bleibt mit dem Säugling, ihrer Schwester und der aus Mexiko stammenden Großmutter im Norden zurück. Franz, der Junge, wächst die ersten 10 Jahre in einem reinen Frauenhaushalt auf, ein bisschen verwöhnt, aber geliebt und auch beeinflusst durch die mexikanischen Märchen seiner Großmutter. Eines Tages steht jedoch sein Vater, den er noch nie zuvor gesehen hat, in der Tür. Inzwischen ist dieser zum General aufgestiegen und beschließt, dass sein Sohn, zu dem er bis zu diesem Tage noch nie Kontakt aufgenommen hatte, eine festere und zwar militärische Ausbildung brauche. Durch einen langwierigen Gerichtskrieg gelingt es ihm, den Jungen gegen den Willen seiner Mutter zu sich zu holen und in die Kadettenschule zu schicken, in der wirklich nicht sehr zimperlich mit den Kindern umgegangen wird. Franz übersteht diese Torturen nur, indem er sich eine gewisse Gefühllosigkeit aneignet, die im Gegensatz zu der liebevollen Kindheit steht, die er bei seiner Mutter verbringen durfte. In einer gelungenen Mischung aus Ironie, Spannung und Liebe für das Detail beschreibt Micaela von Macard die komplizierte Familiengeschichte einer hanseatischen Familie, deren wahres Oberhaupt, die mexikanische Großmutter "Conquista", zwar ermordet wird, aber über die Jahre und Jahrzehnte hindurch im Bewusstsein aller weiterlebt. Ein Roman, den man erst weglegen kann, wenn man ihn fertig gelesen hat. *bn* Uschi Pirker